„Geil! Einer, der es mir macht und nackte Verkäuferinnen mit Fleisch – da will ich unbedingt lernen!“
Eine Branche kämpft um Nachwuchs – und benimmt sich dabei voll daneben.
Wacht auf, Sexismus ist so Achtziger! Ein Kommentar.
Foto: trixxibelle (Instagram)
Neulich hatte ich eine Diskussion mit Freundinnen über Sexismus in der Werbung, Emanzipation und wie sich Frauen regelmäßig selbst zu Opfern degradieren. Ob sie sich nun selbst als „Süße“ und „Blondchen“ titulieren, sich mal eben „Mäuschen“ nennen lassen oder es für völlig normal halten, täglich Unterwäschefotos – ob als Selfies oder geschossen von ominösen Hobbyfotografen – im Social Media zu verbreiten. Alles für ein bisschen mehr Likes und Aufsehen. Alles für ein bisschen weniger Würde. Aber hey, Du bist es Dir ja wert! Doch bist Du dir das damit wirklich?
Stolz auf den eigenen Beruf sein durch Können und Wissen – oder?
Ziemlich schnell lenkte sich das Gespräch in Richtung Metzgereibranche. Warum? Weil genau dort jüngst erst mal wieder so richtig auf die Kacke gehauen wurde. Und zwar mit einer ordentlichen Portion „Sex sells“ und „kreativer Zweideutigkeit“. Da, wo seriöse Werbetreibende nur noch mit dem Kopf schütteln können, hat so manch anderer eine richtige Freude daran entwickelt, dem verstaubtem Klischeeimage der Branche ein ganz neues, weltweit bekanntes Klischee aufzudrücken: Wir sind jetzt sexy!
Jedes Jahr entstehen seitdem Kalender (zugegeben, anfangs haben wir hier in unserer Agentur den Kalender noch unterstützt – bis wir allerdings die Ergebnisse sahen), in denen nackte Metzgerinnen/Metzgereifachverkäuferinnen (und neuerdings auch Metzger, man hat die Genderproblematik wohl halbwegs erkannt 😉 ) ihr Handwerk durch Nacktheit attraktiver erscheinen lassen wollen. Nachwuchs generieren ist die Zielsetzung. Zumindest so die angebliche Botschaft der Aktion. Zusätzlich entstand eine von der bayerischen Handwerkskammer unterstützte Maßnahmen-Kampagne, die unter dem Motto „Macher gesucht – Ich mach’s Euch“ die Jugend für den Beruf begeistern will. Die Reaktionen auf den provokativen Slogan folgten prompt.
Hauptsache Aufmerksamkeit, egal wie! Wirklich egal wie?
Nach einigen hitzigen Rückmeldungen – sowohl positiven, als auch negativen – fielen zur Erklärung unter anderem Worte wie „Anderssein“, „auffallen“ und „die Sprache der Jugend sprechen“. Aufmerksamkeit ja! Aber führt sie letztendlich auch in die gewünschte Richtung? Und was kommt eigentlich danach?
Liebe Freunde des Fachs, ich frage Euch einfach mal ganz direkt: Inwieweit hängt das Produkt und der Stolz auf das eigene Handwerk mit Nacktheit zusammen? Hat der Beruf nicht eigentlich viel mehr Tiefgang zu bieten? „Ist doch beides Fleisch!“ wird sich so mancher wohl lachend denken. Doch gehen wir einmal einen Schritt weiter: Inwieweit spiegelt es die Kreativität, den Zeitgeist und das Potential des Berufes wieder? Und warum soll eine 16-Jährige Berufsanwärterin sowas gut finden? Etwa weil sie Germanys next Topmetzgerin werden will? Wo ist die Botschaft, wenn es ihr einer machen will – und was sagen ihre Eltern eigentlich dazu? Mit dem Vorschlaghammer ins Rampenlicht manövrieren und dabei die eigentliche Kernmessage völlig außer Acht lassen. Kein Wunder also, dass so mancher mit dem Kopf schüttelt und sich fragt, inwieweit diese „Rettungsmaßnahmen“ einen wertvollen inhaltlichen Beitrag für das verstaubte Image der Branche liefern. Klischees bekämpfen mit Klischees. Nur, dass in diesem speziellen Fall minus mal minus sicherlich nicht plus ergeben wird …
Foto: slutwalk_muenchen (Instagram)
Fremdscham, Zweideutigkeit und das Politikum
Wer sich ein bisschen informiert und politisch auf dem Laufenden ist, der merkt sehr schnell, dass nach der #metoo-Aktion die Diskussion über Emanzipation und Gleichstellung der Frau wieder bis an die vorderste Medienfront geraten ist. Eng verknüpft mit dem Sexismus in der Werbung, ist der Aufschrei und das Unverständnis in manchen Köpfen nach wie vor groß. Die Sensibilität der Thematik ebenfalls. Dabei ist die Debatte keine neue. Man mag es als spießig und prüde abtun. Fakt ist jedoch, dass die reine Körperdefinition einem Stereotypen entspricht, dem gerade junge Mädchen und Frauen zwar nacheifern (ob das so gut ist, ist eine andere Frage) – mitnichten jedoch wollen sie deshalb nun Metzgerin oder Fleischereifachverkäuferin werden. Übrigens betrifft das ebenso auch die jungen Männer, die sich bei der Frage nach der Berufswahl sicherlich andere Fragen stellen werden, als die der körperlichen Attraktivität. Was leistet so ein/e Metzger/in überhaupt? Wie kreativ und modern ist der Beruf? Kann ich davon gut leben? Wie sind meine Aufstiegschancen? Es gilt, ganz andere Fragen zu beantworten.
Seien wir also mal ehrlich – feiert sich die Branche nicht einfach nur selbst mit dieser Aktion? Würden sich Branchenfremde, die nicht in die Welt des Fleisches hineingeboren wurden, diesen Kalender kaufen und gar aufhängen? Mich hat er stark an den Karpfenkalender erinnert. Sexy Frauen stehen im Sumpf und halten dicke Fische im Arm. Oder auch der Jungbäuerinnenkalender. All diese Branchen kämpfen mit einem verstaubten Image und leiden an Nachwuchsproblemen. Da ändert auch ein bisschen mehr Sexappeal nichts. Viel mehr sollte man den Jugendlichen die richtigen Perspektiven in dem Beruf aufzeigen, sich über moderne Geschäftsmodelle informieren und der fortschreitenden Digitalisierung nicht den Rücken kehren. Junge kreative Fleischerinnen und Fleischer können heutzutage fast schon Trendsetter sein. Während der eine als Fleischblogger um die Welt reist, kreiert der andere völlig neue Verkaufsstrategien und lädt mit abenteuerlichen Events zur Verkostung ein. Entertainment statt Sex. Zum Glück gibt es auch viele aus dem Fach, die das bereits erkannt haben und mit viel Geschick, medialem Mut und informiertem Zeitgeist ihre Leidenschaft aus der Versenkung befördern.
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